Blut

Blut setzt sich aus flüssigen und zellulären Bestandteilen zusammen und ist für die Versorgung aller Organsysteme des Körpers mit Nährstoffen, Sauerstoff und Wärme verantwortlich. Zudem dient das Organ Blut auch dem Abtransport von Stoffwechselendprodukten, die über die Ausscheidungsorgane Leber, Niere und Lunge wieder abgegeben werden.

Blut – Elixier des Lebens

Blut setzt sich aus flüssigen und zellulären Bestandteilen zusammen und ist für die Versorgung aller Organsysteme des Körpers mit Nährstoffen, Sauerstoff und Wärme verantwortlich. Zudem dient das Organ Blut auch dem Abtransport von Stoffwechselendprodukten, die über die Ausscheidungsorgane Leber, Niere und Lunge wieder abgegeben werden. Zu den flüssigen Bestandteilen des Blutes (Blutplasma) zählen neben dem Hauptbestandteil Wasser (90%) Elektrolyte und Plasmaproteine, die meistens als Trägersubstanzen für Hormone, Glucose oder Fett dienen. Weiterhin spielen die Plasmaproteine aber auch eine entscheidende Rolle bei der Blutgerinnung und sorgen für ausgeglichene Flüssigkeitsdruckverhältnisse zwischen den Blutgefäßen und dem umgebenden Gewebe (kolloidosmotischer Druck). Die zellulären Blutbestandteile sind mit einem prozentualen Anteil von ca. 32-47% (Hämatokrit = Verhältnis zwischen zellulären und flüssigen Blutbestandteilen) im Gegensatz zum Plasmaanteil etwas unterrepräsentiert. Neben den Thrombozyten (Blutplättchen für die Gerinnung) und Leukozyten (weiße Blutzellen, die in ihrer vielförmigen Ausprägung für die zelluläre Immunabwehr verantwortlich sind) stellen die Erythrozyten (rote Blutkörperchen) den geringsten Anteil der zellulären Blutbestandteile dar. Diese kernlosen Zellen haben eine durchschnittliche Lebensdauer von etwa 140 Tagen. In dieser Zeit besteht ihre einzige Aufgabe darin, den in den Lungenbläschen (Alveolen) eingeatmeten Sauerstoff aufzunehmen bzw. gegen aus allen Zellen des Körpers antransportiertes CO2 auszutauschen. Während das CO2 über die Lunge ausgeatmet wird, transportieren die Erythrozyten den frischen Sauerstoff in alle Zellen des Körpers, um ihnen den Kraftsoff für die zelluläre Energieproduktion zu liefern (Zellatmung).

Stammzellen – der Ursprung der Vielfältigkeit

Alle zellulären Blutbestandteile entstammen dem roten Knochenmark, in dem sie sich aus einer einzigen Stammzelle (pluripotente Stammzelle) entwickeln. Dieser Vorgang wird auch als Hämatopoese (oder im Falle der Erythrozyten als Erythropoese) bezeichnet. In welcher Intensität die Erythropoese abläuft und wie viel Zeit den einzelnen Zellen für ihre Ausreifung bleibt, wird unter anderem durch das in der Niere gebildete Hormon Erythropoetin (Epo) gesteuert. Eine entscheidende Rolle bei der Erythropoese spielen Eisen, Vitamin B12 und Folsäure, die insbesondere für die Bildung des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin benötigt werden. Bei einem Mangel an einem dieser Spurenelemente bzw. Vitamine verlangsamt sich die Synthese der roten Blutkörperchen, was eine Anämie zur Folge haben kann. Nachdem die Lebenshöchstdauer der Erythrozyten erreicht ist, werden sie von der Milz aufgrund ihrer Verformung aus dem Blutstrom aussortiert und in der Leber abgebaut.

Anämie – Ein Armutszeugnis

Als Anämie bezeichnet man eine Verminderung der Erythrozytenzahl und/oder des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin. Die Ursachen hierfür können sehr verschiedenartig sein, jedoch können grundlegend folgende Arten unterschieden werden:

Aplastische oder hypoplastische Anämie

Verminderte Blutbildung infolge eines Mangels an für die Erythropoese essentiellen Substanzen wie z.B. Eisen, Vitamin B12 oder Folsäure (hypoplastische Anämie) oder gestörter Bildung von Erythrozyten (aplastische Anämie) bedingt durch andere Erkrankungen wie u. a. Vergiftungen, Tumorerkrankungen, chronische Entzündungen oder Autoimmunerkrankungen.

Blutungsanämie

Verlust von Blut oder Blutzellen, der schneller voranschreitet, als dieser durch die Nachbildung neuer Blutbestandteile kompensiert werden kann. Eine solche Anämie kann einerseits nach Blutverlust durch Verletzungen oder Verbrennungen auftreten, aber ebenso durch innere Blutungen nach stumpfen Traumen, nach übermäßigem Parasitenbefall (starker Befall mit Zecken, Läusen oder Darmparasiten wie Strongylus vulgaris), infolge von Tumorerkrankungen, bei starkem Nasenbluten (z.B. bei einer Luftsackmykose) oder Magen-Darm-Geschwüre auftreten.

Bei starkem, plötzlich auftretendem Blutverlust kann eine Transfusion von Spenderblut erforderlich sein, um die roten Blutkörperchen (und andere wichtige Blutkomponenten) zu ersetzen, die das Pferd verloren hat. Bei einem geringeren Blutverlust kompensiert das Pferd den Verlust innerhalb von einigen Tagen bis Wochen durch die Produktion neuer roter Blutkörperchen. In einem 500 kg schweren Pferd zirkulieren rund 45 Liter Blut. Ein Verlust von bis zu 5 Litern Blut, der uns als massiv erscheint, ist für das Pferd unter normalen Umständen problemlos wieder kompensierbar.

Hämolytische Anämie

Übermäßige Zerstörung von Erythrozyten innerhalb der Blutgefäße, die mitunter durch Vergiftungen (z.B. DMSO), Viren (z.B. Lentiviren als Auslöser der equinen infektiösen Anämie), Bakterien (z.B. Clostridium perfringens), Immunreaktionen (z.B. neonatale Isoerythrolyse) oder Parasiten (z.B. Anaplasman, Piroplasmen, Ehrlichien oder Leptospiren) ausgelöst werden können.

Eine häufige Ursache für hämolytische Anämie in Europa ist die Piroplasmose. Sie entsteht infolge einer Infektion der roten Blutkörperchen mit einem mikroskopisch kleinen Parasiten (Babesia caballi oder Theileria equi), der von Zecken übertragen wird. Der Parasit vermehrt sich in den roten Blutkörperchen und schwächt diese, bis sie platzen.

Bei der equinen Ehrlichiose handelt es sich um eine Infektion der weißen Blutkörperchen mit dem Bakterium Anaplasma phagocytophilum, das ebenfalls von Zecken übertragen wird. Wie es im Rahmen dieser Erkrankung zu einer Anämie kommt, ist noch nicht vollständig geklärt.

Die Leptospirose ist eine bakterielle Infektion, die in einigen Fällen eine hämolytische Anämie auslösen kann. Das Bakterium wird über den Urin von Nagetieren übertragen, die häufig in Ställen zu finden sind.

Die infektiöse Anämie beim Pferd ist eine schwere Krankheit, die durch ein Virus verursacht wird, das durch den Stich von Pferdebremsen übertragen wird. Einmal infizierte Pferde tragen das Virus ein Leben lang in sich. Bei diesen Tieren kommt es immer wieder zu Phasen mit einem Anfall von Blutverlust kombiniert mit fieberhaften Schüben und Lethargie. Die Krankheit wird mit dem Coggins-Test diagnostiziert und für infizierte Pferde besteht in Deutschland nach dem derzeit geltenden Tierseuchengesetz eine Anzeigepflicht. Weiterhin gilt für die EIA ein Behandlungsverbot; es dürfen keine Impfungen und Heilversuche durchgeführt werden (§ 10 TierSeuchenGesetz; Verordnung zum Schutz gegen ansteckende Blutarmut der Einhufer vom 04.10.2010).

Vergiftungen mit bestimmten Pflanzen wie z. B den Blättern des Rot-Ahorns (insbesondere in Nordamerika verbreitet) oder Vertreter der Zwiebel- und Kohlgewächse können zu einer plötzlichen, massiven Oxidation der Hämoglobinmoleküle in den roten Blutkörperchen und zu ihrer Zerstörung.

Erste Anzeichen

Das erste erkennbare Anzeichen, das auf eine Anämie hindeuten kann, sind ungewöhnlich blass erscheinende, porzellanfarbene Schleimhäute (besonders im Maul des Pferdes). Weiterhin können auch unspezifische Veränderungen wie stumpfes Fell, Abmagerung und eine herabgesetzte Leistungsbereitschaft auf das Vorliegen einer Anämie hindeuten. Wenn die Herzfrequenz überwacht wird, kann ein abnormer Anstieg während des Trainings festgestellt werden.

Das Feststellen einer Anämie kann relativ einfach und unkompliziert durch einen Bluttest erfolgen, indem besonderes Augenmerk auf die Erythrozytenanzahl, die Hämoglobinkonzentration, den Hämatokritwert sowie die Parameter MCV (mittleres korpuskuläres Volumen), MCH (mittlerer korpuskulärer Hämoglobingehalt) und MCHC (mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration) gelegt wird. Diese Werte geben einerseits Auskunft darüber, wo die Ursache zu suchen ist. Andererseits kann ein ergänzender Blutausstrich unter dem Mikroskop betrachtet Hinweise darüber liefern, wie weit fortgeschritten eine Anämie bereits ist.

Was kann man tun?

Abhängig von der Ursache der Anämie können insbesondere Mangelanämien einfach und unkompliziert mit geeigneten Futterzusätzen (oder im Ernstfall auch mittels Injektionen) kompensiert werden. Am häufigsten werden Mangelanämien durch Eisen-, Vitamin-B12-, oder Folsäuremangel hervorgerufen.
Das wichtigste Credo sollte jedoch die Ursachenforschung sein. Steckt eine infektiöse Erkrankung, ein übermäßiger Parasitenbefall, eine autoimmune Reaktion oder gar eine Tumorerkrankung dahinter, sind diese Primärerkrankungen zu therapieren, um ein Wiederauftreten der Anämie (Rezidiv) zu vermeiden. Natürlich können auch hier ergänzend entsprechende Futterzusatzmittel eingesetzt werden. Zudem sollte bei infektiösen Geschehen auch sichergestellt werden, dass keine Ansteckungsgefahr für andere Pferde oder gar den Menschen besteht.